Inhalte zu viralen Hits machen

    Welches Unternehmen, das Content erstellt, wünscht sich das nicht: Inhalte, die sich wie ein Lauffeuer im Netz verbreiten und immer weitere Kreise ziehen. Tausendfach angeklickt, hundertfach geteilt – mindestens. Immer wieder gibt es solche Beispiele, die aus dem Nichts zu kommen scheinen und innerhalb kürzester Zeit im Netz vom Gehheimtipp zum Massenphänomen werden. Zufall? Glück? Gunst der Stunde? Oder lässt sich ein viraler Hit steuern, vielleicht sogar planen?

    Jonah Berger, Marketing-Professor an der renommierten Wharton School der Universität in Pennsylvania, beschreibt in seinem Buch Contagious wie und warum Inhalte im wahren Wortsinn ansteckend wirken.

    Erstellen Sie Ihre Inhalte so, dass sie der menschlichen Psyche entgegenkommen

    Suchmaschinenoptimierung, Rankinglisten – alles gut und wichtig. Folgt man den Thesen von Jonah Berger, hängt eine erfolgreiche Internetkampagne jedoch weniger von ausgeklügelter Technik als vielmehr von der Psychologie ab. Berger stellt dar, dass virale Erfolge einem bestimmten – wissenschaftlich belegten – Muster folgen. Nicht die Suchmaschine, sondern die menschliche Psyche sorgt dafür, dass aus einem ganz normalen Produkt oder einem beliebigen Inhalt ein Internet-Hype wird.

    Demnach gibt es sechs Grundmotive, die uns dazu animieren Inhalte oder Geschichten zu teilen. STEPPS nennt Berger diese sechs „Cluster“. Jeder Buchstabe steht dabei für ein bestimmtes Motiv, das den Impuls zum Teilen von Inhalten unterstützt und fördert.

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    Social Currency

    Wild, witzig, klug, informiert, originell. Wer sich im Netz bewegt, schafft sich ein ganz bestimmtes öffentliches Ich. Folgerichtig teilen wir besonders gern die Inhalte, die unser Sozialprestige steigern und unser öffentliches Image stärken und festigen.

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    Trigger

    Im Netz sind wir viele und freuen uns, wenn wir mit anderen Gleichgesinnten zusammentreffen. Dementsprechend erfolgreich sind „Trigger“, die User auf originelle Weise dazu animieren, mit anderen in Kontakt zu treten: beteiligt sein, vergleichen, mitmachen, interagieren, gemeinsam etwas erreichen. Inhalte, die bewusst auf Interaktion angelegt sind, senden starke „Teil-Impulse“. Aktuelle Aufhänger und Ereignisse sind hier ein zusätzlicher Verstärker.

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    Emotionen

    Das Teilen von Inhalten hat weniger mit rationalen Überlegungen als vielmehr mit Emotionen zu tun – und zwar mit genau den Emotionen, die ein Post oder ein Text im Leser auslöst. Wir sitzen alleine vor dem PC, sind amüsiert, angeregt, aufgeregt oder überschwänglich froh – und möchten diese Gefühle gerne mit anderen teilen. In den sozialen Netzwerken funktioniert das im wörtlichen Sinn. Wer einen Inhalt teilt, gibt damit etwas von den Gefühlen, die ihn beschäftigen weiter. Unsere Freunde sollen mit uns lachen oder – auch das kann funktionieren – unsere Empörung teilen. Auf der Emotionshitliste ganz vorn: Inhalte, die positive Gefühle auslösen – Heiterkeit, Fröhlichkeit, Albernheit, Überraschung, Freude. Ein geteilter Link ist dann fast so etwas wie ein kleines Geschenk.

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    Public

    Soll ich oder soll ich nicht? Inhalte, die bereits von anderen geteilt wurden, können Signalwirkung haben. Nach kurzer Zeit bereits 50 Likes und 10 Shares? An diesem Thema muss etwas „dran“ sein. Jedenfalls sehen viele User einen Grund sich genauer damit zu beschäftigen und den Link möglicherweise ebenfalls zu teilen. „Me too“ – auch ich bin dabei.

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    Practical Value

    Das Netz ist für immer mehr Menschen Aufenthaltsort und Wissensfundgrube. Kein Wunder also, das auch genau fokussierte Inhalte, die einen direkten Nutzen haben, überdurchschnittlich gerne geteilt werden. Von der Expertenmeinung bis zur Gebrauchsanweisung – für den User ist es wichtig, dass es nützlich ist.

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    Storytelling

    Die Welt ist immer funktionaler, unsere Abläufe sind durchorganisiert – umso mehr freuen wir uns über Geschichten, die einen anderen Blickwinkel zeigen, uns zum Lachen und Träumen bringen. Ganz nebenbei bleiben so auch Produkt und Produkt-Features besonders gut haften. Wer kennt nicht die – tausendfach geteilte – SMS-Vorlesefunktion im Ford Fiesta? Von wegen Schmollbraten! (Das Video finden Sie am Ende des Artikels).

     

    Verknüpfen Sie Emotionen mit rationalen Argumenten

    Die linke Gehirnhälfte ist für den Verstand, die rechte für unsere Emotionen zuständig. Gehirnphysiologisch geht es auch beim Content-Marketing darum, die linke mit der rechten Gehirnhälfte zu verknüpfen. Das heißt: Sind Emotionen erst einmal geweckt, ist es einfach, sie durch rationale Argumente zu unterfüttern. Anders ausgedrückt: Begriffe oder visuelle Elemente bauen für den User eine emotionale Brücke zum rationalen Zugriff.

    Hier können Sie sich zunutze machen, dass unser Gehirn Bilder mit Emotionen verknüpft und abspeichert. So ist z.B. auffallend, dass in sozialen Netzwerken deutlich mehr Fotos von Katzen gepostet oder geteilt werden als Hundefotos. Warum? Ganz einfach: Katzen wecken unseren Beschützerinstinkt und sind demnach der größere Emotionsträger.

    Emotionen lösen verschiedene Reaktionen aus

    Emotionen sind immer auch mit gehirnphysiologischen Vorgängen verknüpft. Jede Emotion löst unterschiedliche Reaktionsprozesse im Gehirn aus. Der durch die Emotion ausgelöste Handlungsimpuls hängt davon ab, in welchem Teil des Gehirns die Reaktion abläuft.

    Glück, Spaß, Heiterkeit bilden sich eher in vorderen Gehirnregionen – entsprechend kurz und direkt ist der Reaktionsweg.

    Traurigkeit oder Angst wird weiter hinten im Gehirn abgelagert und drängen nicht zu einer selbstständigen Aktivität. Wie im wirklichen Leben, gilt also auch im Netz: Traurigkeit, Sorgen und Ängste zu teilen ist nicht jedermanns (oder jederfraus) Sache. Dies bestätigt eine Studie der Soialpsychologen Rosanna E. Guadagno und Kollegen: Geteilt wurden bei den 256 Teilnehmern vor allem Inhalte, die eine starke emotionale Reaktion hervorriefen. Noch stärker war der Impuls, wenn es sich um lustige Inhalte handelte.

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    Trotzdem führt auch Traurigkeit zu Reaktionen: Eine Studie von Paul Zak (Bild oben) zeigte beispielsweise, dass Probanden, die eine kurze Geschichte über die Krebserkrankung eines kleinen Jungen ansahen, vermehrt Cortisol und Oxytocin produzierten, das sowohl Stress als auch Empathie auslöst. Wenn diese Probanden zu einem späteren Zeitpunkt dazu aufgefordert werden Geld an Personen, die sie nicht sehen konnten, zu spenden, waren sie eher dazu bereit.

     

    Smilen und teilen

    Geschichten erzählen, lustig sein, interagieren, Identifikationspotenziale schaffen – das scheint ziemlich komplex. Je besser es Ihnen jedoch gelingt, die verschiedenen „STEPPS“ miteinander zu kombinieren, um so größer ist die Chance, dass Ihre Inhalte im Netz erfolgreich sind.

    Jüngstes Beispiel: Conchita Wurst. Hätte die österreichische Dragqueen ohne Twitter & Co ebenfalls den Eurovision Song Contest für sich entschieden? Wohl eher nicht, denn auf fast perfekte Weise kommen hier sämtliche Komponenten zusammen, die einen viralen Hit ausmachen:

    • Das konkrete Ereignis, das Anlass zum Mitmachen liefert,
    • die ideale Möglichkeit, sich als Trendsetter zu positionieren und dabei zu sein,
    • eine Fülle möglicher Emotionen, die von Überraschung über Rührung und – bei allem ernsthaften Kern – bis zur Komik reichen (allein die möglichen Wortspiele mit dem Namen reizen zum Teilen, Liken und Kommentieren).
    • Conchita Wurst sharen, liken oder kommentieren war im Netz innerhalb kürzester Zeit eine Frage des Sozialprestiges. Wer nicht dafür war, war dagegen und das hieß in diesem Fall: Er oder sie outete sich als intolerant. Und wer will das schon?

    Das Ergebnis waren knapp 50.000 Tweets per Minute, mehr als 500.000 Likes in Facebook und unzählige Shares bereits während der Veranstaltung.

    Fazit: Nicht jeder Ihrer Inhalte wird 500.000 Likes generieren – aber mit der richtigen Strategie kann auch aus Ihrem „etwas anderen“ Inhalt ein viraler Hit werden. Denken Sie immer daran: Psychologie funktioniert manchmal ganz einfach!

    Lesen Sie auch welche Faktoren zusätzlich wichtig sind, dass Inhalte zum viralen Hit werden: Was macht viralen Content aus?

    Bildnachweis:
    Icon: ©IconArchive/banzai Tokyo (CC BY 3.0)
    Beitragsbild: ©istockphoto.com/PIKSEL